Liebe Freunde der Kirchengemeinde Norddörfer!

UNTERWEGS IM AUFTRAG DES HERRN

Mein Freund Stefan besucht mich nach Corona das erste Mal wieder. Wir stehen vor unserem „Gemeinde-Mobil“. Er betrachtet die Aufschrift. „,Unterwegs im Auftrag des Herrn’. Muss es nicht richtig heißen: ,Im Auftrag des Herrn unterwegs’? Und überhaupt: Tragt Ihr alle immer dunkle Sonnenbrillen, dunkle Hüte und dunkle Sakkos, wenn Ihr unterwegs seid?“ Stefan hat den Film „The Blues Brothers“ in seiner Jugend ebenso oft wie ich im Kino gesehen. Aus diesem Kultstreifen stammt das Zitat für unseren Slogan.

„Passte nur so aufs Auto“, sage ich lächelnd. „Und: Nein, wir sind mit der Zeit gegangen und tragen keine Sakkos, sondern Kapuzenshirts mit unserem Kirchenlogo. Aber die Aussage unseres Slogans trifft genau den Kern unserer Arbeit!“ Stefan schaut mich an: „Wieso das denn?“ „Unterwegs passt, weil wir die Botschaft des Herrn unter die Menschen bringen“, antworte ich. „Nicht nur reden, sondern nach den christlichen Prinzipien handeln. Lebendig, nah dran, dort, wo wir gebraucht werden. Das ginge nicht, wenn wir in unseren vier Wänden, also in diesem Fall in der Kirche und im Pastorat, sitzen bleiben. Also haben wir gesagt: Wir müssen raus! Ich zeige Dir mal, was ich meine.“

Stefan steigt mit ein in unser Kirchenmobil. Wir fahren nach Kampen. „Du meinst Ihr seid unterwegs in den Dörfern auf der Insel?“ sagt er, „da hast Du und Dein Team eine gute Wahl getroffen. Hier lässt sich’s leben!“ „Ja,“ erwidere ich, „das stimmt. Beschwerlich wird das Leben allerdings, wenn Du hier allein lebst, wenn Deine Kräfte abnehmen, Du auf andere angewiesen bist oder Du wenig Geld hast. Dann kannst Du die Schönheit Sylts manchen Tag nicht mehr sehen und schon gar nicht erleben. Dann ist die Insel kein Paradies. Du bist gefangen in Deinen vier Wänden und wartest darauf, dass es besser wird. Oder dass jemand kommt, der Dir hilft, dem Tag etwas Positives abzugewinnen. Das ist, was unser Slogan meint: Wir gehen dahin, wo wir gebraucht werden. Um Menschen abzuholen zum Gemeindenachmittag, zum Gottesdienst oder um eine Ausfahrt zu machen, auf der die Älteren von früher erzählen. Sylter Geschichten. Jede und jeder trägt einen Roman in sich, ein Stück Inselgeschichte.“

„Das bedeutet also für Dich unterwegs?“, fragt Stefan. „Ja und noch mehr: Wir reisen gern. Zum Beispiel in unsere Partnergemeinden in Masuren und in Lech am Arlberg. Wir gehen auch auf große Gemeindefahrten. Auch auf unseren Fahrten spielt das „im Auftrag des Herrn“ eine große Rolle. Wir sind unterwegs eine Großfamilie auf Zeit – Brüder und Schwestern. Wir sind füreinander verantwortlich. Das bedeutet, dass wir darauf achten, dass keiner verloren geht. Dass die Schnellen die Langsamen mitnehmen und die Langsamen den Schnellen zeigen, was man verpasst, wenn das Tempo im Leben zu hoch ist. Viele, die mitfahren, leben allein, aber niemand ist auf den Fahrten einsam. Wir sind eine Gemeinschaft. Das ist unser Verständnis von christlichem Spirit. Ganz wichtig sind dabei die Mahlzeiten, die mit einem gemeinsamen Gebet beginnen. Allein zu essen, ist heute für viele verbunden mit Fernsehen oder Social Media-Kanäle checken. Wenn wir unterwegs sind, gibt es anstelle von virtuellen die realen Lebensgeschichten von Tischnachbarinnen und Tischnachbarn.“

Inzwischen sind wir über Braderup, Tinnum und Westerland zurück zur Kirche gefahren. Stefan fragt: „Den Auftrag des Herrn hatte ich immer mit dem Gottesdienst verbunden. Aber da ist es wahrscheinlich wie bei uns: Wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, da ist er mitten unter ihnen…“ „Ein paar mehr sind es bei uns schon“, sage ich, „meistens ist die Kirche sehr gut besucht. Und dann gibt es nach der Kirche noch die Begegnungsstätte: Bei Kaffee und Kuchen kommen die Menschen miteinander ins Gespräch. Außerdem wird auf dem Youtube-Kanal der Friesenkapelle jeden Sonntag eine Videoandacht und eine Kinderkirche übertragen. Unterwegs meint eben auch, dass unsere Gemeinde nicht nur über Deutschland verteilt ist, sondern auch in Österreich, der Schweiz, Südafrika, Neuseeland und den USA präsent ist.“

Stefan meint: „Was mir an den ,Blues Brothers’ am meisten gefallen hat, war, dass dieses ,Unterwegs im Auftrag des Herrn’ immer mit einem Lächeln und etwas Selbstironie einherging!“ Ich nicke: „Ja, deshalb sind wir ja damals alle in den Film gegangen: Und wegen der Musik. Ob Gospelgottesdienst oder unsere Montagskonzerte. Gemeinschaft verbinden wir alle hier mit Leichtigkeit und Humor. Und ehrlich: Wir alle wis- sen, dass das Leben auf Erden schmerzliche Prüfungen bereithält, die wir uns nicht aussuchen.

Von manchen, die wir besuchen, können wir da nur nur lernen. Wie z.B. von Inge, die im Seniorenzirkus vor ein paar Jahren den Clown gespielt hat. Inges Wunsch, wenn sie einmal nicht mehr ist: Im Clownskostüm beerdigt werden! Zwar keine Sonnenbrille, kein schwarzer Hut und kein Sakko, aber Jake und Ellwood hätten Inge mit Sicherheit eingeladen auf eine Spritztour in ihr Blues Mobil!“

„Wo gibt es denn eigentlich dieses Kapuzenshirt mit dem Kirchenlogo und dem Motto ,Unterwegs im Auftrag des Herrn’?“ „Das tragen alle Mitarbeitenden beim Dorfteichfest und an jedem Sonntag in und vor der Kirche.“ „Ist ja wie im Film“, sagt Stefan, „du besuchst einen Prediger in der Kirche und plötzlich hast du einen Auftrag, von dem Du Stunden vorher noch keine Ahnung hattest.“ „Ja genau, denn über allem steht, dass jede und jeder in unserer Gemeinschaft im Herzen und im Geist, flexibel, innovationsfreudig und berührbar bleiben soll – auch das steckt in unserem Slogan. Wir sind im Innen wie im Außen unterwegs!“

Für Stefan und alle Interessierten haben wir in der aktuellen Ausgabe des „Bi Serk“ zusammengestellt, was uns bewegt und was wir bewegen..

Viel Spaß bei der Lektüre, Ihr und Euer


Ihr und Euer Pastor Rainer Chinnow
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